Obstruktive Lungenerkrankung

Wenn das Atmen zur Qual wird

Von Svenja Runciman · 2020

Schätzungen zufolge leiden fast sieben Millionen Menschen in Deutschland an der Lungenerkrankung COPD – viele von ihnen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Denn die irreversible Krankheit beginnt schleichend und wird häufig einfach auf das Älterwerden zurückgeführt. Dabei kann frühes Gegensteuern das Fortschreiten deutlich verlangsamen.

Eine Frau hustet am Arbeitsplatz. Thema: Obstruktive Lungenerkrankung
Foto: iStock / Zinkevych

Es kann mit Husten beginnen, der im Laufe der Zeit vor allem morgens intensiver und hartnäckiger wird. Oder mit Atemnot bei anstrengenden Tätigkeiten, rasselnden Geräuschen beim Luftholen sowie Auswurf, der immer schwieriger abzuhusten ist. All diese Symptome können ein Anzeichen für COPD sein – eine Lungenkrankheit, die laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO bis 2030 weltweit die dritthäufigste Todesursache sein wird. Wegen der hohen Dunkelziffer sind exakte Aussagen zur Häufigkeit von COPD allerdings schwierig zu treffen. Experten gehen davon aus, dass in Deutschland aktuell zehn bis zwölf Prozent der über 40-Jährigen betroffen sind.

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Obstruktive Lungenerkrankung: Raucher sind besonders gefährdet

Gleich zwei Krankheitsbilder, nämlich die chronisch obstruktive (verengte) Bronchitis und das Lungenemphysem (Überblähung der Lunge), fallen unter den Begriff COPD („Chronic Obstructive Pulmonary Disease“). Bei beiden wird der Luftstrom vor allem beim Ausatmen behindert, und es kommt zu einem fortschreitenden Verlust des Lungengewebes und damit der Lungenfunktion. Die Ursachen sind vielfältig, allerdings sind oder waren etwa 70 Prozent der Patienten Raucher – daher auch der umgangssprachliche Ausdruck „Raucherlunge“ beziehungsweise „Raucherhusten“. Weil die Krankheit so weit verbreitet ist, versuchen immer mehr Forscher herauszufinden, warum selbst Menschen an COPD erkranken, die nie im Leben auch nur eine einzige Zigarette geraucht haben. Neben dem Passivrauchen liefern aktuelle Studien dafür eine neue Erklärung: So können offenbar engere Atemwege im Verhältnis zum gesamten Lungenvolumen – Dysanapsis genannt – die Krankheit begünstigen. In einer neuen Studie, bei der Daten von rund 6.500 Patienten ausgewertet wurden, konnten Forscher des McGill University Health Centre Research Institute in Montreal nachweisen, dass Personen mit Dysanapsis unabhängig von weiteren Risikofaktoren wie (Passiv-)Rauchen, Schadstoffexposition oder Asthma signifikant häufiger an einer COPD erkranken. Da das Bronchialsystem bei Frauen meist enger als bei Männern ist, könnte dies eine Erklärung sein, warum Frauen insgesamt häufiger betroffen sind.

Nicht heil-, aber gut behandelbar

Die Krankheit schreitet häufig sehr langsam und zunächst fast unbemerkt voran, was dazu führt, dass viele Betroffene die Verschlimmerung ihres Gesundheitszustands kaum wahrnehmen und häufig jahrelang schon mit COPD leben, bevor sie deshalb einen Arzt aufsuchen. Dabei ist ein frühes Erkennen der Erkrankung überaus wichtig. Denn auch wenn eine Heilung bislang nicht möglich ist, kann bei einer rechtzeitig gestellten Diagnose häufig ein schnelles Fortschreiten der Erkrankung verhindert werden. Einer der wichtigsten Aspekte der Therapie ist, dass die Lunge nicht weiter belastet wird. Auf jeden Fall sollten Betroffene daher das Rauchen aufgeben und sich vor Infekten schützen. Bronchialerweiternde, antientzündliche und schleimlösende Medikamente, die in der Regel inhalativ verabreicht werden, sorgen dafür, dass die Patienten wieder leichter Luft holen können. Damit sie die richtige Therapie bekommen, ist es wichtig, dass sie sich für die Behandlung an einen Lungenfacharzt wenden. Dieser verfügt über die notwendigen Geräte, die für eine möglichst genaue Diagnose erforderlich sind. Auch der individuelle Therapieplan sollte unbedingt mit dem Experten erstellt werden. 

Grafik: Todesfälle aufgrund von Krankheiten des Atmungssystems in Deutschland im Jahr 2018

Wichtiger Faktor: Eigeninitiative

Ergänzend zur ärztlichen Behandlung können Patienten bei COPD aber auch selbst eine Menge Maßnahmen ergreifen und aktiv Einfluss auf ihre Lebensqualität nehmen. Neben der konsequenten und richtigen Anwendung der Medikamente sowie Atem- und Physiotherapie sind dies vor allem eine gesunde Ernährung und regelmäßige körperliche Belastung. Viele Betroffene meiden nämlich aus Angst davor, dass ihnen „die Puste ausgeht“, körperliche Aktivitäten und sorgen so ungewollt dafür, dass sich die Krankheit verschlimmert: Aufgrund des Bewegungsmangels nehmen Muskelmasse und -kraft ab, die körperliche Belastbarkeit sinkt, was letztendlich zu einer Verschlechterung der Lungenfunktion führt. Gezielte Sport- und Bewegungstherapie in speziellen Lungensportgruppen können diesen Teufelskreis durchbrechen.

Quellen:
www.copd-deutschland.de/
www.lungeninformationsdienst.de/krankheiten/copd/index.html
www.lungenaerzte-im-netz.de/krankheiten/copd/was-ist-copd/

COPD: Bald heilbar?

Forscher vom Helmholtz-Zentrum München stellten Anfang November im Fachjournal „Nature“ einen Therapieansatz vor, bei dem der sogenannte Lymphotoxin-Beta-Rezeptor (LTßR) eine Rolle spielt.

Die Blockade des LTßR-Signalwegs verhinderte nicht nur das Absterben von Lungenzellen, sondern förderte sogar auch die Regeneration der Lungenepithelzellen. 

Bei Versuchen mit Mäusen wurde eine fast 100-prozentige Heilung in den Lungen gezeigt. 

Der Therapieansatz soll in den nächsten Jahren in klinischen Studien am Menschen getestet werden.

Quelle: Inhibition of LTßR signalling activates WNT-induced regeneration in lung, 2020

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