Impfen gegen Lungenkrankheiten

„Wer COPD hat, sollte sich impfen lassen“

Von Tobias Lemser · 2024

Porträt: Prof. Dr. med. Christian Taube
Prof. Dr. med. Christian Taube, Foto: Mike Auerbach

Atemwegsinfekte sind häufige Verursacher von akuten Krankheitsverschlechterungen bei der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD). Inwieweit sich Betroffene mit einer Impfung davor schützen können, erläutert Prof. Dr. med. Christian Taube, Direktor der Klinik für Pneumologie, Universitätsmedizin Essen, sowie Stellv. Vorsitzender der Deutschen Lungenstiftung.

Herr Prof. Taube, welcher Gefahr setzen sich Menschen mit einer COPD aus, wenn sie gegen bestimmte Krankheiten oder Infektionen nicht geschützt sind?

Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung geht mit erheblichen strukturellen Veränderungen in der Lunge einher, welche langsam voranschreiten. Dennoch kann es im Verlauf zu schweren akuten, teils lebensbedrohlichen Anfällen, sogenannten Exazerbationen, kommen – häufig hervorgerufen durch Viren oder Bakterien. Hinzu kommt, dass Patientinnen und Patienten gefährdeter sind, durch COPD schwere Verläufe von akuten infektiösen Lungenerkrankungen wie Lungenentzündung oder eine Infektion mit Grippeviren zu erleiden. Daher sollten sich Menschen mit chronischen Lungenerkrankungen unbedingt gegen solche Erreger impfen lassen – auch um die Häufigkeit akuter Anfälle zu vermindern.

Zu welchen Impfungen zum Schutz der Atemwege raten Sie Erkrankten?

Dazu gehören Impfungen gegen Grippe-Erreger, Pneumokokken und gegen SARS-CoV2. Aber auch eine Auffrischung der Keuchhusten-Schutzimpfung sollte durchgeführt werden. Seit Kurzem ist ebenso eine Schutzimpfung gegen RSV, das für Respiratory Syncytial Virus steht, verfügbar. Dieser Erreger spielt nicht nur bei Kindern, sondern auch im höheren Alter eine wichtige Rolle als Verursacher von schweren Atemwegs- und Lungeninfektionen. 

Wie stehen Sie zur Pneumokokken-Impfung?

Die Lungenentzündung kann gerade für COPD-Patienten eine lebensbedrohliche Infektion sein. Häufigste Erreger dafür sind Pneumokokken. Gegenüber diesen Bakterien gibt es effektive Impfungen, welche die Entstehung einer Lungenentzündung deutlich reduzieren. Daher würde ich, genauso wie die Deutsche Impfkommission, eine Pneumokokken-Impfung unbedingt empfehlen.  

Gibt es weitere Vakzine, die im Impfpass nicht fehlen sollten?

Hier sind viele Schutzimpfungen wie etwa gegen Hepatitis, Tetanus und Tollwut zu erwähnen – aber auch regional empfohlene Impfungen, wie die Frühsommer-Meningoenzephalitis, auch unter FMSE bekannt. Besonders hinzuweisen ist zudem auf die Impfung gegen Herpes-Zoster. Das Risiko, eine Gürtelrose zu erleiden, ist gerade bei Patienten mit COPD mehr als verdoppelt. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass bei Auftreten einer Gürtelrose Patienten mit COPD ein erhöhtes Risiko für andere Komplikationen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt haben, weshalb ich eine entsprechende Schutzimpfung befürworte. 

Sind Ihre Impfempfehlungen für alle Lungenerkrankten bestimmt?

Prinzipiell gelten diese Empfehlungen auch für alle Menschen mit chronischen Atemwegs- und Lungenerkrankungen. Dazu gehören auch Asthma bronchiale, Fibrose oder Lungenkrebs. 

Wann ist bei Bekanntwerden von COPD der richtige Impfzeitpunkt?

Impfungen sollten möglichst frühzeitig erfolgen. Wurde eine chronische Lungenerkrankung diagnostiziert, ist es ratsam, sich umgehend neben der Therapie auch um die Durchführung der entsprechenden Impfungen zu kümmern.  

Gibt es auch Impfungen, von denen Sie abraten?

Impfungen geben Schutz vor unterschiedlichsten erregervermittelten Erkrankungen und haben einen erheblichen Anteil an der Volksgesundheit. Sie schützen nicht nur den Einzelnen vor Krankheiten, sondern tragen auch zur Herdenimmunität bei, indem sie die Ausbreitung von Krankheiten in der gesamten Bevölkerung verlangsamen oder stoppen. Wie wirksam solche Impfungen sind, haben wir vor Kurzem in der COVID-19-Pandemie gesehen. Aktuell stellen wir aufgrund der Impfungen kaum noch schwere Verläufe dieser Erkrankung fest. Dies zeigt, wie effektiv diese Maßnahmen sind. Daher sollten die von der STIKO empfohlenen Schutzimpfungen unbedingt durchgeführt werden. 

Grafik: So schlägt das Varizella-Zoster-Virus zweimal zu

Gürtelrose: Kleiner Erreger, große Wirkung

Das sogenannte Varizella-Zoster-Virus fangen sich die meisten Menschen in der Kindheit ein. Bemerkbar macht es sich in Form von Windpocken. Der Erreger verbleibt anschließend in den Nervenknoten des Rückenmarks und kann auch viele Jahre später noch reaktiviert werden – die betroffene Person erkrankt dann an Gürtelrose. Jährlich betrifft dies in Deutschland 400.000 Personen, wobei die Gürtelrose gerne im Rumpfbereich, aber auch an Gesicht und Kopf auftritt. Hauptrisikofaktor sind das Alter und die damit verbundenen schwächeren Abwehrkräfte. Mehr als 95 Prozent der über 60-Jährigen tragen den Erreger in sich. Bei einem Drittel bricht die Erkrankung im Laufe des Lebens aus. Unter allen möglichen Spätfolgen der Gürtelrose ist die Post-Zoster-Neuralgie die häufigste: Bis zu 30 Prozent aller Gürtelrose-Betroffenen leiden daran.

Besonders wichtig ist die frühzeitige Schmerztherapie, um eine sogenannte Post-Zoster-Neuralgie (anhaltende starke Nervenschmerzen) nicht entstehen zu lassen. Das Problem: Besonders am Anfang zeigen sich Gürtelrose-Symptome eher unspezifisch, ähneln denen einer Erkältung oder Grippe (Fieber, Gliederschmerzen, allgemeines Unwohlsein). Erst nach einigen Tagen kommt es zu Hautausschlag, brennenden Schmerzen und Juckreiz. Somit kommt der Prävention in Form einer Impfung eine große Bedeutung zu. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt eine kostenlose Vorsorge-Impfung gegen Gürtelrose für alle Frauen und Männer ab 60 Jahren. Für Menschen, deren Immunsystem aufgrund einer Grunderkrankung geschwächt ist, wie zum Beispiel durch Asthma oder COPD, wird die Impfung bereits ab 50 Jahren empfohlen. 

Array
(
    [micrositeID] => 36
    [micro_portalID] => 26
    [micro_name] => Gesund und schmerzfrei leben
    [micro_image] => 4611
    [micro_user] => 1
    [micro_created] => 1474976944
    [micro_last_edit_user] => 1
    [micro_last_edit_date] => 1569404062
    [micro_cID] => 1238
    [micro_status] => 1
    [micro_cache] => 0
    [deleted] => 0
)