Therapie bei Diabetes

Frühe Intervention entscheidend

Von Nadine Effert · 2024

Typ-2-Diabetes ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen in Deutschland. Auf die steigenden Zahlen macht der Weltdiabetes-Tag am 14. November aufmerksam – und damit auch auf die gesundheitlichen Gefahren, die von der Stoffwechselkrankheit ausgehen.

Man sieht einen Arm mit einem Insulinmessgerät, das mit dem Handy verbunden ist und die Werte überprüft werden können.
Digitale Anwendungen helfen dabei, die Blutzuckerwerte im Blick zu behalten. Foto: iStock / Halfpoint

Insgesamt rund 8,9 Millionen Menschen in Deutschland leiden aktuell an einem Diabetes mellitus Typ 2, jährlich kommen etwa 550.000 Neuerkrankte hinzu. Anders als der Typ 1, hinter dem eine Autoimmunerkrankung steckt, bei der die Bauchspeicheldrüse durch das körpereigene Immunsystem zerstört wird, ist ein Typ-2-Diabetes eine Erkrankung des Stoffwechsels, die dazu führt, dass der Blutzuckerspiegel ansteigt. Dauerhaft hohe Blutzuckerwerte können Gefäße schädigen und auf Nerven einwirken. Das Verheerende: Ein Diabetes entsteht nicht von heute auf morgen, sondern entwickelt sich schleichend. Er tut nicht weh, und Symptome machen sich spät, oft erst in einem höheren Lebensalter, bemerkbar. Daher ist die Dunkelziffer an Betroffenen weitaus höher.

Unsichtbare Gefahr

In Deutschland gibt es schätzungsweise zwei Millionen Menschen mit unentdecktem Diabetes mellitus Typ 2, die womöglich eine lebensnotwendige Insulintherapie bräuchten. „Zu viele!“, warnt Professorin Dr. med. univ. Julia Szendrödi, Vizepräsidentin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). „Denn je länger ein Diabetes unentdeckt voranschreitet, desto mehr steigt die Gefahr für Folgeerkrankungen wie koronare Herzkrankheit, Schlaganfall oder Schäden an Gefäßen, die wiederum zu schweren Organerkrankungen führen können“, führt die Ärztliche Direktorin der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie, Stoffwechselkrankheiten und Klinische Chemie am Universitätsklinikum Heidelberg aus. In Zahlen gemäß „Diabetes Community Pledge“ des European Diabetes Forum (EUDF): Ein Drittel aller Menschen mit Diabetes entwickelt eine Sehstörung; ihr Risiko, eine kardiovaskuläre Krise zu erleiden, ist dreimal höher als bei Gesunden, die Gefahr einer Nierenfunktionsstörung sogar zehnfach erhöht – und alle 30 Sekunden muss irgendwo auf der Welt eine untere Gliedmaße amputiert werden, weil die Durchblutung nicht mehr ausreichend funktioniert. Etwa jeder fünfte Todesfall in Deutschland (16 Prozent) ist mit einem Typ-2-Diabetes assoziiert durch Folge- und Begleiterkrankungen. Darüber hinaus belegen Studien ein erhöhtes Risiko für Depressionen, Parodontitis und Demenz. Wer vor dem 60. Lebensjahr an Typ-2-Diabetes erkrankt, hat ein dreifach erhöhtes Risiko, im höheren Alter dement zu werden, heißt es in einer US-Studie aus dem Jahr 2023.

Studie, die besagt wie viele Menschen an Diabetes in Europa erkranken und sterben bzw. wie viel Geld das die EU-Gesundheitssysteme kostet.

Frühe Therapie bei Diabetes ist entscheidend

Dass eine frühzeitige Diagnose und die darauffolgende intensivierte Diabetes-Therapie das Risiko für schwerwiegende gesundheitliche Komplikationen deutlich verringern kann, zeigt eine Langzeitstudie, die 1998 gestartet worden und vor Kurzem im Fachmagazin „The Lancet“ veröffentlicht wurde. Verglichen wurde die Kontrollgruppe, die zunächst ausschließlich durch eine Ernährungsumstellung behandelt wurde, mit Teilnehmenden, die von Beginn an Medikamente zur Senkung des Blutzuckerspiegels erhielten. Das Ergebnis: In der Gruppe, die sofort intensiv behandelt wurde, war das Risiko für sämtliche Todesursachen um 10 Prozent verringert. Besonders bemerkenswert ist die Senkung des Herzinfarktrisikos um 17 Prozent und des Risikos für Erkrankungen der kleinen Blutgefäße um 24 Prozent. „In Kombination mit den heutigen modernen Behandlungsoptionen und einem verbesserten Verständnis für die Bedeutung einer guten Arzt-Patienten-Kommunikation haben wir heute mehr denn je die Möglichkeit, die Versorgung von Menschen mit Typ-2-Diabetes weiter zu optimieren und ihre Lebensqualität nachhaltig zu verbessern“, so Szendrödi.

Neue Technologien 

Ob Blutzuckermesssysteme, kontinuierliche Gewebezuckermessung (CGM), smarte Insulinpens, Insulinpumpen, AID-Systeme oder diabetesbezogenen Apps – dank der zahlreichen Neuentwicklungen in der Diabetes-Technologie können Betroffene heute ein weitestgehend normales Leben führen. Die Entwicklungen der Systeme zur kontinuierlichen Gewebezuckermessung gehen hin zu einer höheren Genauigkeit und Zuverlässigkeit, längerer Tragedauer und weniger Kalibrationen. Die Möglichkeit der CGM-Datenübertragung bietet Anwendenden zudem den Vorteil, sich kontaktlos von ihrem behandelnden Diabetesteam beraten zu lassen. 

Nutzen von KI

Damit Betroffene überhaupt in den Genuss moderner Behandlungsoptionen kommen, ist eine verbesserte Früherkennung wesentlich. In Zukunft soll dies, geht es nach einem Team des Forschungsunternehmens „Klick Applied Sciences“ aus dem kanadischen Toronto, mithilfe eines intelligenten KI-gestützten Diagnose-Tools gelingen. Es kommt ohne Bluttest aus und erkennt – implementiert etwa einer Smartphone-App – einzig anhand einer Stimmanalyse, ob ein Diabetes vorliegt. In den USA wird derweil getestet, inwiefern mit KI potenzielle Diabetes-Risikopatientinnen und -patienten identifiziert werden können. Durch Analyse von Röntgenbildern des Brustkorbs mittels KI-basierter Algorithmen sollen Warnzeichen für Diabetes bis zu drei Jahre vor der klassischen Diagnose erkannt werden.

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