Risiken von Übergewicht

Ein unterschätzter Risikofaktor

Von Nadine Effert · 2025

Immer mehr Deutsche haben zu viel auf den Rippen. Aufgrund der gesundheitlichen Folgen und den damit verbundenen hohen volkswirtschaftlichen Kosten – in Deutschland jährlich rund 100 Milliarden Euro – wird weltweit zu den Ursachen für Übergewicht und Adipositas geforscht. Dass es wichtig ist, Übergewicht von vornherein zu vermeiden, zeigt eine aktuelle Studie zum Gedächtniseffekt von Fettzellen.

Ein übergewichtiger Patient unterhält sich mit einer Ärztin.
Foto: iStock / Halfpoint

Die neuesten Zahlen der WHO sind besorgniserregend: Der Anteil Übergewichtiger weltweit hat sich im Vergleich zum Jahr 1975 zuletzt beinahe verdoppelt. Auch in Deutschland nimmt die Zahl fülliger Menschen zu: Zwei Drittel der Männer und rund die Hälfte der Frauen bringen zu viel auf die Waage, jeder vierte Erwachsene leidet an Adipositas, einer chronischen Erkrankung, die bei einem Body-Mass-Index über 30 vorliegt. 

Volkskrankheiten: Risiken von Übergewicht

Mit jedem Kilo zu viel steigt langfristig das Risiko für viele Folge- und Begleitkrankheiten, darunter Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie Herzinfarkt, bestimmte Tumorerkrankungen wie Brust- und Darmkrebs, Depressionen, Leberverfettung, Arthrose sowie Diabetes mellitus Typ 2. Verheerend: Von vielen Menschen wird Übergewicht als Risikofaktor unterschätzt, etwa im Fall von Krebs. Die Fachgesellschaften weisen darauf hin, dass während Rauchen als krebserregend bekannt ist, sei dies bei Übergewicht nicht der Fall. Dabei gehen fast sieben Prozent der Krebsneuerkrankungen in Deutschland auf dessen Konto, insbesondere von Fettleibigkeit. „Das bedeutet, dass jedes Jahr etwa 30.000 Menschen in Deutschland, bedingt durch ihr Übergewicht, an Krebs erkranken. Das sind 30.000 vermeidbare Krebsfälle“, sagt Prof. Dr. Michael Baumann, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ). 

Rolle der Gene

Ungesunde Ernährung, Überernährung und zu wenig Bewegung gelten als klassische Ursachen für Übergewicht, greifen aber zu kurz. Auch die Einnahme bestimmter Medikamente, Grunderkrankungen wie eine Unterfunktion der Schilddrüse oder Stress kommen als Übeltäter infrage. Aber kann Dicksein auch vererbt werden? Laut dem Bundesministerium für Forschung und Bildung haben Kinder und Jugendliche, deren Eltern zu viel wiegen, ein um bis zu 80 Prozent erhöhtes Risiko, selbst einmal übergewichtig zu werden. Sind die Eltern adipös, erhöht sich das Risiko sogar um 300 Prozent. Fest steht auch, dass Adipositas zu 70 Prozent durch eine genetische Vorbelastung bestimmt ist.

Neuer biologischer Mechanismus 

Apropos Gene. Forschende aus Cambridge haben jüngst einen neuen biologischen Mechanismus entdeckt, der im Zusammenhang mit der Entstehung von Fettleibigkeit stehen kann: „Wir haben zwei Gene mit Varianten identifiziert, die den tiefgreifendsten Einfluss auf das Adipositas-Risiko auf Bevölkerungsebene haben, den wir je gesehen haben“, wird Studienautor Giles Yeo in einer im April 2024 veröffentlichten Mitteilung zitiert. Die Rede ist von Varianten in den Genen BSN und APBA1, die das Risiko für Adipositas um das bis zu Sechsfache erhöhen können. Einer von 6.500 Erwachsenen sei von den BSN-Genvarianten betroffen. Das entspricht 12.000 Menschen in Deutschland. Bisher war nicht bekannt, dass die Proteine, die von BSN und APBA1 kodiert werden, auf den Leptin-Melanocortin-Signalweg Einfluss nehmen. Dieser Signalweg sendet dem Körper – einfach ausgedrückt – das Signal „Ich bin satt!". Die neuen Erkenntnisse könnten, so die britischen Forschenden, möglicherweise bei der Entwicklung neuer Medikamente helfen.

Fettzellen erinnern sich

Die größte Herausforderung nach einer Reduzierung der Kilos ist es, das Gewicht zu halten. Stichwort: Jo-Jo-Effekt. Doch wie kommt es dazu? Dieser Frage ist ein internationales Wissenschaftlerteam um Prof. Dr. Ferdinand von Meyenn von der ETH Zürich nachgegangen. Vorweg: An mangelnder Willenskraft allein liegt es nicht. Im Visier der Forschenden: die Fettzellen. Im Rahmen der in der Fachzeitschrift „Nature“ im November 2024 erschienenen Studie wurde das Fettgewebe von Menschen, deren Adipositas mit einer Magen-OP behandelt wurde, untersucht – und zwar vor und nach der massiven Gewichtsabnahme. Das Ergebnis: Fettleibigkeit führt zu charakteristischen epigenetischen Markierungen im Kern der Fettzellen, welche auch nach der Gewichtsreduktion bestehen blieben. „Die Fettzellen erinnern sich an den übergewichtigen Zustand und können leichter in diesen zurückversetzt werden“, erklärt der Experte. 

Prävention von klein auf

Zwar sei der Gedächtniseffekt noch keine hieb- und stichfeste Begründung für den Jo-Jo-Effekt, aber eine Erkenntnis, die für weitere Untersuchungen genutzt werden kann. „Hier ist noch viel Forschung gefragt, um festzustellen, ob man diese Signaturen diagnostisch nutzen könnte oder welche Medikamente, welche Interventionen sie vielleicht löschen könnten, wie Sport oder eine bestimmte Ernährung.“ 

Zuletzt weist von Meyenn darauf hin, dass, gerade weil es den Gedächtniseffekt gibt, es so wichtig ist, Übergewicht von vornherein zu vermeiden. Diese Botschaft ist vor allem an Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern gerichtet. Denn Fakt ist: Neben einer genetischen Veranlagung haben dabei auch Erziehung und erlernte Essgewohnheiten einen Einfluss auf die Entstehung von Übergewicht. Aktuell sind hierzulande 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen übergewichtig, sechs Prozent sind adipös – Tendenz steigend. 

10 Tipps für gesundes Abnehmen

1. Reichlich Obst und Gemüse essen, mindestens fünf Portionen pro Tag.

2. Täglich Getreide, Getreideprodukte, bevorzugt in der Vollkorn-Variante, oder Kartoffeln.

3. Trinken Sie kalorienfrei und ausreichend – am besten Wasser.

4. Täglich Milch und Milchprodukte.

5. Pflanzliche Öle und Fette vorziehen.

6. Verzichten Sie möglichst auf Süßes.

7. Nicht zu viele tierische Produkte.

8. Essen Sie in Ruhe und dosiert.

9. Hören Sie auf, wenn Sie satt sind.

10. Bewegen Sie sich.

Quelle: https://www.apotheken-umschau.de/gesund-bleiben/abnehmen/gesund-abnehmen-so-geht-s-710335.html; Zugriff: 29.11.2024

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